Ich bleib so scheiße wie ich bin

Absage an den Selbstoptimierungszwang

Seien wir doch mal ehrlich: Wären wir nicht alle gerne ein bisschen schlauer, schöner und reicher sowieso? Am besten alles zusammen? Fortbildungskurse in Französisch und BWL, bisschen Bizeps, bisschen Trizeps, Weinkenner werden und dann noch der langersehnte Aufstieg auf die nächste Stufe der Karriereleiter? Und nebenbei - selbstverständlich - noch die superentspannteste und leidenschaftlichste Beziehung mit der/dem Traumfrau/Traummann?
Schade eigentlich, dass dieser Selbstoptimierungstrend geradezu ein gesamtgesellschaftlicher geworden ist - die Werbung/die Medien und die anderen üblichen Verdächtigen suggerieren die Erreichbarkeit des perfekten Körpers, des perfekten Partners und des perfekten Lebens an sich. Mit immenser Lautstärke kreischt die Anfeuerungs- und Ermutigungskultur immerzu: „Sei geil und erfolgreich, oder niemand hat dich lieb!“ - was dazu führt, dass die Scham des Einzelnen steigt, je weniger die gesetzten Ziele erreicht werden - was logischerweise dauernd passiert. „Ich bleib so scheiße wie ich bin“ zeigt einen sympathischen Weg hinfort vom utopischen Projekt der Selbstoptimierung und rät: „Bleiben Sie dick, eitel, gierig, jähzornig - und glaubwürdig“.
Ein Anti-Ratgeber, nach dem man schönerweise keine weiteren Ratgeber zur Work-Life-Balance-Optimierung, Fett-Abbau etc., mehr nötig hat - ein gut durchdachtes Plädoyer für das konzeptionslose, entspannte Dahinleben, unabhängig von einem Trugbild des Selbsts im Konjunktiv, frei nach dem Motto „scheiße bleiben, zufrieden werden“. www.piper-verlag.de
> By Rebecca Niazi-Shahabi, Piper Verlag, 256 Seiten, 9,99 Euro

Berit Papenfuhs