Techno Y2K: Marusha im Interview

...über ihre Projekt-Pipeline, was Auflegen für sie ausmacht und Techno 2015.
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Hallo Marusha! Einen herzlichen Dank dafür, dass du dich noch so spontan vor deinem Gig am 27. März im Offenburger Freiraum zu einem Interview bereit erklärt hast.

Im Anbetracht dessen, das mir jüngst wieder ein Artikel der Sorte „War in der Technobewegung nicht früher alles besser?“ über den Schreibtisch gesegelt ist, würde ich diese Frage gerne an Dich weiter reichen. Ganz platt gefragt, gibt es Punkte, positiv oder negativ, von denen Du sagen würdest: Hier unterscheidet sich die Technoszene 1995 in ihrem Wesen von der, die wir 2015 vorfinden?
Der größte Unterschied dürfte darin liegen, das 1995 die Peakzeit der Bewegung war und noch alles neu, angesagt und in vollem Gange war. Es war erfrischend, zu der Zeit, auf dieser einen unglaublichen Technowelle mit zu surfen... sich wegtragen zu lassen innerhalb der ganzen Musik, den Partys, all den faszinierenden Künstlern die ihren Beitrag dazu geleistet haben.
Die Clubwelt hatte eine weltweit expandierende elektronische Bewegung, die eine unglaubliche Verbindung zwischen Menschen und Nationen schuf. Ein jeder hat mitentwickelt, mitgetanzt, mitgewirkt, es glich einem freien Fall.
Keiner wusste wie sich diese Szene, Musik und alles weiter entwickeln würde, das Unbestimmte, Unberechenbare und Freie - hat die Techno Bewegung damals so sehr spannend gemacht.

Als du damit begonnen hast als DJ durch die Clubs zu touren, war Vinyl das einzige Medium, auf dem es die Tracks und Alben gab, die die frühe Rave Generation hören wollte. Das ist heute anders. Neben Vinyl sind Mp3 Dateien, Laptops, CDJ Player und andere Spielereien getreten. Wie hältst du es damit? Strictly Vinyl, weil es so schön weich knistert, oder darf es mittlerweile auch mal ein Track von einer Festplatte sein?
Ich selber lege seit nunmehr 25 Jahren ausschließlich Vinyl auf, aus Überzeugung, wegen dem Sound, aus Tradition und weil für mich "auflegen" was mit auflegen, und mit DJ sein zu tun hat. Es heißt ja auch Plattenreiter und nicht Klapp Rechner Reiter oder Compact Disc Read Jockey.  

Zäumen wir das Pferd mal von hinten auf. Musikalisch hast du dich ja schnell vielfältig aufgestellt. Neben deinen Studioalben hast du beispielsweise bereits vor der Jahrtausendwende begonnen, unter dem Pseudonym „maru“ Breakbeats zu produzieren. Wie kam es dazu? Was hat dich geprägt und von welchen Erfahrungen, die du zu Beginn deines Werdegangs gesammelt hast, kannst du auch heute noch zehren?
Ich liebe Breakbeats und Drum and Bass, als ich angefangen habe aufzulegen tat ich das mit UK Breaks. Das waren meine ersten Platten, Leute wie Tim Simenon von Bomb The Bass, Soul 2 Soul und später auch KLF haben mich schon Ende der Achtziger dazu gebracht, mich in die schweren schleppenden gebrochenen Beats zu verlieben. First Love never dies :) !
Mich haben all meine Erfahrungen geprägt und geleert, dass alles was man tut für immer ist, und alles was man nicht tut und gerne gemacht hätte eines Tages bereut werden könnte. Deswegen tue ich alles das wonach mir ist und denke mir immer jede Sekunde zählt... und dann mach ich etwas dass sie zählt!

Dein Booking-Kalender ist zwar wahrscheinlich nicht mehr so prall gefüllt, wie vor 20 Jahren, aber wirklich die Füße hochlegen kann man es ja auch nicht nennen, wenn man in gut zwei Monaten in drei Ländern und in neun Städten die Tanzflächen füllt. Hat sich bei dir bisher nie nachhaltig ein Gefühl von „jetzt ist aber mal gut mit Auflegen“ eingestellt?
Wenn man liebt, was man tut, wird sich dieses Gefühl ganz bestimmt nicht einstellen. :)

1989 hast du gemeinsam mit einem Freund in Nürnberg den Club „One“ eröffnet. Schnell kamen Moderation, Schauspielerei und Produktion als zusätzliche Eckpfeiler deines Wirkens hinzu. Neben deinem Schaffen als DJ hast du also seit den ersten Tagen deiner Karriere immer auch weitere Projekte gehabt, an denen du gearbeitet hast und die von dir vorangetrieben wurden. Ist das auch heute noch so? Welche Projekte stecken bei dir derzeit in der Pipeline?
Meine Pipeline ist schon immer so lange gewesen, dass ich selber das Ende der Pipeline gar nicht sehen konnte. :)
Was sagte Henry Ford schon so treffend: „Wer immer tut, was er schon kann, wird immer bleiben, was er schon ist."

Stimmt es eigentlich, dass du ein eigenes Parfüm an die Frau und den Mann bringen möchtest? Wie kam es denn dazu? Die erste Verknüpfung von Techno und Parfüm, die mir in den Kopf kommt, macht einen Umweg über Benny Benassis „I Love My Sex“ und die Zeile „I Love Dresses, Cars, Perfums…“. Ist das Projekt noch aktuell und wenn ja, wo kann man den von dir kreierten Duft erwerben?
Ja, das Serum existiert schon (also der Duft). Geza Schön hat den Duft entwickelt, das Parfum heißt "Radar". Unter meinem Brand „maru berlin“ arbeiten wir gerade an der Verpackung und suchen nach einer Kooperation mit Parfümherstellern. Das ist nicht so einfach, aber gut Ding will Weile haben. Bei dem tollen Duft lohnt sich das allemal. Kaufen kann man es noch nicht, wir testen es aber schon seit zwei Jahren. Es ist ein unglaublich toller unisex Duft und kommt sehr gut an bei Männern und Frauen.

Gibt es, ganz allgemein, vielleicht noch Tipps, Tricks, Kniffe, die du einem jungen DJ mit auf den Weg geben würdest?
Sei authentisch!

Vielen Dank, dass du uns so bereitwillig Auskunft gegeben hast. Viel Spaß bei deinem Gig, insbesondere in Offenburg, aber natürlich auch auf den ganzen anderen Partys...

www.marusha.de

WIN! Wir verlosen 3 x 1 Platz auf der Gästeliste für den 27. März im Freiraum Offenburg. Zur Teilnahme sende eine E-Mail mit dem Betreff „I Can Jam“ an win@subculture.de.

Fotos: AliKepenek, 2015

Matthias Boksch